Der Dicke von Atlantis und seine Frau

Nocheinmal schreibe ich über das Heimatdorf ,wo das Elternhaus meines Schwiegervaters stand , was er kürzlich verloren hatte.

Vielmehr geht es nun um seine Einwohner in der dörflichen Gegend.

Ein guter Bekannter meines Schwiegervaters ist der „Dicke“ im Dorf und seine Frau.

Beide sind mitte fünfzig.

Er ist untersetzt und stark dem Alkohol und dem Nikotin verfallen.

Ich kenne das ja da nur von den Wochenenden im Sommer ,wenn meine Frau und ich (damals noch ohne Kinder) sich ein paar mal im Jahr zu meinen Schwiegereltern gesellten ,die ja dort quasi jedes Wochenende verbrachten.

Da in einem Dorf jeder irgendwie jeden kennt, war auch der Dicke immer mit von der Partie , wenn es um Grillfeste oder um Handwerkliche Sachen ging ,wo man seine Hilfe benötigte.

Ich kann mich jedensfalls an kein Wochenende erinnern ,an dem er nicht päsent war.

Dieser Mann hatte schon Samstags um 8 Uhr seine 2 Bier getrunken.

Über den ganzen Tag sah man ihn immer mit Zigarette und Bierflasche.

Über den ganzen Hof tönten seine ,nicht enden wollenen , Hustenanfälle.

Gegen Abend saß er dann immer bei uns und leerte eine ganze Flasche einer klaren Flüßigkeit..Ob nun Korn Schnaps oder Wodka..egal.

Dabei saß er zunächst da wie jemand der 2 oder 3 Bier getrunken hat , so sehr gewöhnt ist er schon an den Alkohol.

Im weiteren Verlauf des Abends merkte man ihm dann aber schon seine Promille an , wenn er dann immer unverständlicher und träger wurde.

Mit dieser Alkoholkonzentration in der dieser Mann noch versuchte lallende Gespräche zu führen ,denen er selbst nichtmehr folgen konnte, würde manch anderer schon ein Fall für eine Stationäre Entgiftung mit Defibrilator sein.

Wenn man sich so seine Trinkzeiten und die Mengen des zu sich genommenen Alkohol ansieht ,dann kann ich schon behaupten ,das es im Leben dieses Mannes keine Sekunde der absoluten Nüchternheit gibt.

Er fährt Auto,geht arbeiten….immer „unter Dampf“.

Mit der Gewöhnung an den Alkohol hat sich eben auch eine hohe Verträglichkeit eingeschlichen.

Sicherlich sind die ersten 5 Bier dazu da um morgens erstmal wieder auf „Normales Maß“ an Lebensenergie zu gelangen.

Seine Frau ,trinkt auch aber wesentlich weniger.

Sie verbringt das Wochenende beim rauchen ihrer 2 Schachteln Zigaretten.

Beide lassen sich weit über ihrem Alter hinaus gehen.

Die Kombination von Dorf, Alter und Sucht lassen beide wirklich in jeder Situation aussehen ,als dürften sie das Dorf eh nie verlassen.

Meine Schwiegereltern sahen sich ja in Gesellschaftliche soziale Zwänge eingefercht und luden die beiden zu Geburtstagen ein ,weil sie von denen auch eingeladen wurden und nanchmal auch gingen alle 4 in der Großstadt Berlin mal aus.

Mal ins Theater oder ins Kabaret oder mal eine schicke Revue.

Meine Schwiegereltern sind solche Events gewohnt.

Wenn sie jedoch mit den beiden Weg gingen (ich war ja als Fahrer eingeteilt ,damit alle etwas trinken konnten) und ich mir mal die Welten der beiden ansah, war das schon recht peinlich.

Meine Schwiegereltern korekt gekleidet und der „Dicke und seine Frau“ im Stil der 70er Jahre (auch schonmal mit Schlaghosen).

Ihm sah man im Spotlight der Theatereingänge auch schonmal seine Grobporigkeit im Gesicht an und die hervortretenden Adern unter den Augen und auf der Nase ,die ein bisschen was über seine Trinkgewohnheiten verraten.

Sie hingegen gestyled wie sie es schon in den 70ern der DDR getan hatte ,verzichtet dazu komplett auf Make up mit einer Frisur ,die man eh in nichts schickes verwandeln kann (praktischer Kurzhaarschnitt).

Nebenbei muß man noch bemerken das die Frau des Dicken eine Zahnarzt-Total-Verweigerin ist.

Mein Schwiegervater erzählte mal was ,das sie als Teenager mal schlechte Erfahrung beim Zahnarzt gemacht hatte und sich seit dem lieber selbst behandelt.

Nun kann man sich ausmahlen ,wie ein selbstbehandeltes Gebiss einer Mitte 50 Jährigen aussieht.

Etwaige faule Zähne werden von ihr mit einer unbekannten Masse einfach überklebt (so wie Kaugummi) ,die dann in Zahnform im Mund glänzt.

Der Zahn der Zeit hat da eben ein Schaden unbekannten Ausmaßes angerichtet, der sich da unter der selbstzementierten und für jeden sofort erkennbaren Verkleidung verbrigt.

Dieses Thema wird aber seitens dem Dicken und seiner Frau aber auch seitens meiner Schwiegereltern nicht oder gar nicht angesprochen.

Diese Frau muß durch ihr selbsterichtetes dentales Dauerprovisorium doch ständig Schmerzen haben ,oder sind die Zähne dann nach 40 Jahren der Nichtbeahndlung einfach tot??Nerv tot?Zahn tot?

Jedensfalls ,seid dem ich sie kenne spricht und lacht sie nur mit ganz leicht geöffnetem Mund.

Gibts irgendwan zu essen ,bei dem ein Abbeißen erforderlich wäre muß sie sich immer ein kleines Stückchen abschneiden oder rausbrechen.

Abbeißen ist für diese Frau wohl schon seit Jahrzehnten tabu.

Zu dem relativ ungepflegtem Äußeren der beiden ,kommt nun auch noch die Frau mit den selbstbehandelten Zähnen.Was bedeutet (so mein Schwiegervater) das Menschen mit empfindlicher Nase sich nicht zu stark nähern sollten.

Die beiden sind nun nicht so zu verstehen ,wie die Penner ,die wir aus den Städten kennen.Nur eben was man mal als Dorf-Klischee hatte ,erfüllen die beiden..auch wenn das Dorf Klischee eigentlich nur ein weiteres ist ,was man schnell als Vorurteil loswerden sollte.

Ich frage mich dann immer wie die beiden so weit (runter) kommen konnten.

Meine Vermutung geht darin ,das beide für einander nicht die erste Wahl sind und das sich Gott mit den Kinderkriegen auch gegen sie entschieden hat.

Beide haben sich vom Leben wohl mehr versprochen ,als letztendlich bleibt.

Daher verdrängt sie in ihrem Neid (der ab und zu hochkocht) ihre Pobleme und er ertränkt sie einfach.

Beiden ist Menschlich nichts vorzuwerfen ,immer hilfsbereit und freundlich.

Beide kommen wohl mit allen anderen viel besser klar als mit dem eigenen Partner.

Sie streiten nie,weil ich denke ,das sie über die Phase des wehrens über einen Streit schon längt hinaus sind.

Das ist pure Resignation und Kapitulation vor der eigenen Lebensituation.

Wenn die beiden miteinander Reden ,dann ist es nur organisatorischer Natur.

So oft wie ich die beiden erlebt habe ,denke ich ,das sie sich schon längst nichtsmehr zu sagen haben.

Einfach totaler Stillstand im Leben.

Da mein Schwiegervater in diesem Dorf nun sein Elternhaus verloren hat, werden sich meine Schwiegereltern und die verbleibenen Dorfbewohner immer seltener sehen.

So manche suggestive Freundschaft wird den sporadischen Kontakt nicht überleben.

Für den Dicken und seine Frau ist jedoch klar ,das sie auch jemanden verlieren, auch wenn sie das „Leid“ bisher nur auf der Seite meines Schwiegervaters gesehen haben.

Spätestens wenn sie die ersten Sommerwochenenden alleine dort verbringen werden,könnte es sein ,das wieder mal was anders ist in ihrem Leben.

Bisher redete und Handwerkte der Dicke vornehmlich mit meinem Schwiegervater ,wärend sie sich mit meiner Schwiegermutter smalltalkte.

Wenn das ja nun alles nichtmehr ist, dann sitzen sich zwei gegenüber ,die sich nichts zu sagen haben und die eigentlich nicht miteinader reden wollen oder vielleicht auch nicht können…

..in diesem Sinne..Danke für die Geduld einen so langen Text zu lesen.

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